Ganz aktuell:
die Deutsch-Französische Hochschule (DFH) hat dem Antrag auf Fortsetzung der Förderung des Deutsch-Französischen Doktorandenkollegs (CDFA-05-06) für den Zeitraum vom 01.01.2021 bis zum 31.12.2024 entsprochen.
Der Antrag für die neue Förderperiode vom 01.01.2025 bis 31.12.2028 wurde gerade bei der DFH eingereicht.


Doktorandenkolleg DFDK-05-06 Bochum-Nizza der Deutsch-Französischen Hochschule



Wie junge Physiker und Physikerinnen in Bochum und Nizza zu high-tech - Doktoren werden

Haben Sie sich auch in den letzten Jahren gewundert, wo die "neuen" blauen und weißen Leuchtdioden ("light emitting diode" LED) herkommen? Sind sie vom Mars gefallen oder wurden "plötzlich" erfunden? Nein, dahinter steckt eine beeindruckende Wissenschaftsgeschichte, die noch längst nicht zu Ende ist und an der wir erfolgreich weiterarbeiten.

In unserem binationalen Doktorandenkolleg zwischen der Ruhr-Universität Bochum und der Universität Nizza - Sophia Antipolis in Frankreich promovieren junge PhysikerInnen dreisprachig - Deutsch und Französisch im Labor, Englisch in Publikationen. Sie forschen dabei nicht nur an vorderster Front modernster Halbleitertechnologie, sondern erwerben auch internationale Schlüsselqualifikationen, die sie für einen weltweiten, polyglotten Berufseinsatz in Forschung, Entwicklung, Marketing oder Management vorbereiten.

Gruppenphoto  


Gruppenfoto der Mini-Workshop-Teilnehmer im Oktober 2019 an der Université Côte d’Azur. Von links nach rechts: Jean-Yves Duboz, Maxime Hugues, Patrice Genevet, Antoine Barbier-Cueil, Timo Kruck, Nikolai Spitzer, Hans-Georg Babin, Fabrice Semond, Camille Lagoin, Nikita Nikitskiy, Stéphanie Renesson, Philippe Vennéguèz, Andreas Wieck, Antoine Reserbat-Plantey, Hélène Rotella, Pierre Marie Coulon, Renato Juliano Martins, Minh Tuan Dau, François Dubin, Peter Zajac, Borge Vinter

Geschichte, Motivation und Arbeitsgebiet:

Der Nobelpreis für Physik 2014 an Shuji Nakamura, Hiroshi Amano und Isamu Akasaki wurde für die Erfindung der blauen Leuchtdiode aus Gallium-Nitrid (GaN) vergeben, die sie etwa 1995 gemacht hatten. Unser Deutsch-Französisches Doktorandenkolleg (DFDK-05-06) erforscht seit seinem Beginn in 2007 genau dieses Halbleitersystem, um es durch verbesserte Kristallzüchtung perfekter herzustellen und es in Nanostrukturen zu überführen, womit quantenmechanische Effekte selbst bis zur Raumtemperatur genutzt werden sollen. Der französischer Partner CRHEA des CNRS in Nizza ist seit über 15 Jahren auf GaN ausgerichtet und damit eines der erfahrensten und größten europäische Institute mit weltweiter Sichtbarkeit in diesem Gebiet. Durch die Nobelpreisvergabe in 2014 an die drei japanischen Kollegen wird diese Aktivität höchst aktuell unterstrichen und unser Forschungsprogramm mehr in den öffentlichen Fokus gerückt, sowohl bezüglich der Anwendung als auch bezüglich der Grundlagenforschung. GaN ist ein Halbleiter großer Bandlücke, der Photonen im Ultraviolett-Bereich ausstrahlen kann. Durch Indium-Beimischung zum InxGa1-xN wird diese Emission ins sichtbare Blaue verschoben, das ist das Material, was heute die LED-Technologie trägt, die absehbar alle Leuchtstofflampen verdrängen wird und - sogar schon durch die europäische Gesetzgebung - bereits heute die Glühlampen verdrängt hat. Zusätzlich zum Beleuchtungsaspekt wird die Hochfrequenztechnik aktuell auch mit diesen Halbleitern revolutioniert, was z.B. in Handys und ihren Relaisstationen einen breiten Markt findet. Es ist daher höchst relevant, wissenschaftlich gebildete, promovierte Forscher auf den Arbeitsmarkt zu bringen, um das Schlüssel-know-how dieser Halbleitertechnologie in den verantwortlichen Köpfen von morgen bei uns zu garantieren. Das gilt ganz besonders für die beiden europäischen Schwergewichtsländer Deutschland und Frankreich, in denen der Hauptteil der kontinentalen Industrie vertreten ist.
Auf der Grundlage dieser Situation hat sich das deutsch-französische Doktorandenkolleg(auch Collège Doctorale Fanco-Allemand CDFA-05-06 genannt) der Deutsch-Französischen Hochschule DFH/UFA zur Aufgabe gemacht, jungen Akademikern in der Promotionsphase eine binationale Forschung zu ermöglichen, in der sie das Wachstum dieser Halbleiter studieren, wissenschaftlich optimieren und durch Nanostrukturierung dieser Materialien weitere Verbesserungen und Funktionalitäten erkunden, z.B. auch für die Quanteninformationsverarbeitung zukünftiger Supercomputer.

Diese Perspektiven bergen noch enormes wissenschaftliches Potenzial, selbst wenn blaue LEDs schon seit geraumer Zeit in Billionen-Stückzahlen gebaut werden. Der Grund dafür ist, dass die Epitaxie von GaN-basierten Schichten trotz des großen wirtschaftlichen Erfolges noch längst nicht perfekt ist, was an der Gitterfehlanpassung von gängigen Substraten und an der stöchiometrischen Einbindung des gasförmigen Stickstoffs liegt. Durch Homoepitaxie auf GaN-Substrate versuchen wir bereits mit Erfolg, die erste Schwierigkeit zu beseitigen. Dasselbe verfolgt der neue französische Verantwortliche des CDFA, Dr. Jean-Michel Chauveau, höchst erfolgreich mit ZnO, was als sehr zukunftsträchtige Perspektive in das Kolleg eingeht. Außerdem streben wir eine weiße Lichtemission bereits im Halbleiterkristall an: Bis jetzt wird das blaue LED-Licht durch Leuchtstoffe (wie in Röhrenlampen) in das breitere, weiße Spektrum umgesetzt, was natürlich nicht sehr effizient und damit noch weiter entwicklungsfähig ist. Man kann also erwarten, dass durch stetige Verbesserungen der Epitaxie auch die Effizienz und Lebensdauer von LEDs sich weiter steigern lassen. Besonders die Übertragung des vor allem am GaAs entwickelten "band gap engineerings" auf die Nitride birgt durch höhere Einschlussenergien und Exzitonen-Bindungsenergie eine Anwendung für Quanten-Bauelemente, die dann auch bei Raumtemperatur funktionieren können. In diesem Sinne planen wir, in der nächsten Förderperiode nicht nur den lateralen Ladungsträgertransport, sondern auch den "vertikalen" Transport (in Wachstumsrichtung) stark zu betonen, was im Übrigen auch die aktuelle Hauptrichtung des CRHEA in Nizza ausmacht.

MATRIX-Projekt

In den letzten Jahren haben wir unter Federführung von Prof. Jean-Yves Duboz ein deutsch-französisches Forschungsprojekt vorbereitet, das die flächige Detektion von Protonenstrahlen für die medizinische Forschung und Therapie untersuchen soll. Diese Symbiose zwischen Halbleiterforschung und medizinischer Physik bahnte sich in intensiven und bereichernden Diskussionen zwischen unseren Standorten an. Prof. Duboz hat dabei gute Verbindungen zum Therapiezentrum in Lacassagne und deren Mitbeantrager aufgebaut; A. Wieck hat jahrelange Erfahrung mit Vorlesungen zur medizinischen Physik an der RUB und Dr. Bäumer vom Westdeutschen Protonentherapiezentrum Essen als Mitbeantrager gewinnen können. Wir freuen uns, dass wir dank der jahrelangen, sehr guten Vorarbeiten dieses Projekt zugesprochen bekommen haben. In diesem Doktorandenkolleg werden GaN-basierte Halbleiterdioden hergestellt, charakterisiert, optimiert, produziert und zu Pixelmatritzen integriert, die dann – ähnlich wie in einer Digitalkamera – Protonenstrahlen detektieren und Strahlquerschnitte abbilden können. Solche Protonenstrahlen werden in medizinischen Beschleunigerlaboren in Essen (Deutschland) und Nice (France) zur Strahlentherapie von Tumoren eingesetzt und bilden die modernste und vielversprechendste Therapie für Krebserkrankungen. Bisher ist der Patientendurchsatz, also die Verfügbarkeit dieser teuren Technologie, auch dadurch begrenzt, dass die Strahllokalisierung unzureichend war. GaN-Detektoren können durch ihre erhöhte Lebensdauer hier einen deutlichen apparativen Fortschritt erzielen, was die Thematik dieses Doktorandenkollegs darstellt.
Kontakt: andreas.wieck@rub.de, 00 49 234 322 6726